Roderich Zupnickl
Nicht jeder Originalkopf führt eine Originalfeder, und nicht jede Originalfeder wird von einem originellen Kopf regiert.
G.Chr.Lichtenberg
Aphorismen
Es gibt Staatsmänner ohne Anzüge
und Anzüge ohne Staatsmänner
Kommentar nach dem Eklat bei D.T.
Der Kreislauf
Der einsame Backenzahn einer Dirne,
die unbekannt verstorben war,
trug eine Goldplombe.
Die übrigen waren wie auf stille Verabredung
ausgegangen.
Den schlug der Leichendiener sich heraus,
versetzte ihn und ging tanzen.
Dann, sagte er,
nur Erde solle zur Erde werden.
Gottfried Benn
Aus Teils-Teils das Ganze
Ein Schneesturm in der Mongolei,
ausgelöst durch einen kalifornischen Schmetterling
…unbekannt
Man kann niemals das Innere einer Tasse
ohne das Äußere benutzen. Das Innere und
das Äußere gehören zusammen.
Sie sind eine Einheit.
Alan Watts
Die Zukunft ist auch nicht mehr das, was sie einmal war.
A.C.Clark, The Adventure of Tomorrow
Die Phönizier haben das Geld erfunden –
aber warum so wenig?
Johann Nepomuk Nestroy
Die Gaben der Feen
Alle Feen haben sich versammelt, um die Gaben an jene zu
verteilen, die in den letzten vierundzwanzig Stunden zur Welt
gekommen waren.
Diese antiken und kapriziösen Schwestern des Geschicks
all diese bizarren Mütter der Freude und des Schmerzes sind
sehr verschiedenartig: die einen sehen mürrisch und düster
drein, die anderen freundlich und lustig. Die jungen sind
immer jung, die alten immer alt gewesen.
…
Neben dem Tribunal lagen Begabung, Vermögen, Glück
unveränderbare Fügungen, aufgestapelt wie Preise bei einer
Preisverleihung. Nur dass die Gaben keine Belohnung für
besondere Anstrengung bedeuteten, sondern, ganz im
Gegenteil, eine Gnade, die dem erteilt wurde, der noch
gar nicht gelebt hatte, eine Gabe, die sein Schicksal zum
Glück oder zum Unglück wenden konnte.
Die armen Feen waren sehr beschäftigt; die Menge der
Bittsteller war groß, denn auch die Mittelerde – zwischen
Göttern und Menschen – unterliegt wie wir der Schreckens-
Herrschaft der Zeit mit dem endlosen Gefolge von Tagen,
Stunden, Minuten, Sekunden.
…
„He, Madame, haben Sie uns vergessen? Mein Junge hier
ist auch noch da. Ich will nicht umsonst hergekommen sein.“
Die Fee hätte verlegen sein können; denn es war nichts
mehr da. Doch ihr kam wieder ein Gesetz in den Sinn, das –
wenn auch selten – so doch in der übernatürlichen Welt
bekannt ist… ich meine jenes Gesetz, das es den Feen in
Fällen wie diesen erlaubt, noch eine außerordentliche
Gabe zu verleihen.
Also antwortete die Fee mit einer ihres Ranges würdigen
Geistesgegenwart: „Ich schenke Deinem Sohn… ich schenke
Ihm: die Gabe zu gefallen!“
„Gefallen, wie denn? Gefallen! Gefallen, warum?“, fragte
der kleine Händler hartnäckig, der zweifellos zu den
Kritikern gehört, die unfähig sind, sich zur Logik des
Absurden zu steigern.
„Darum! Darum! antwortete die Fee schwer verärgert,
Drehte ihm den Rücken zu und trat zu ihrer Feen-Schwester-
schar: „Wie findet ihr diesen eitlen kleinen Franzosen, der
alles verstehen will und der, wenn er für seinen Sohn die beste
aller Gaben bekommt, es noch wagt, über das Indiskutable
zu diskutieren und zu reden und zu reden?“
Worüber man nicht sprechen kann, davon muss man schweigen.
Auszüge aus „Die Gaben der Feen“ Les Dons des Fées
Nocturnes „Die Paradiese des Teufels“
Charles Baudelai
Oh, ein klassischer Fall von „kreativer Adaption“
L. Wittgenstein hat „Die Gaben der Feen“ sicher auch gelesen!
…wo ein Körper ist – kann kein zweiter sein…
Unbekannt, hat aber mit Physik zu tun…